Eine erfreuliche Geschichte − Romanshorner Forst, Wanderung in der Nacht

  25.04.2024 Kultur&Natur, Romanshorn, Salmsach

Das Erholungsgebiet erster Klasse auf dem Stadtgebiet unserer Stadt am Wasser. Seepark, Badi, Schlosswiese, Aussicht von einem Riesenrad oder Kirchturm, alles exzellente Momente, Stunden und in Minuten zu erreichen. Ein Traum von vielen...

Eine Waldwanderung in der Nacht ist etwas speziell. So habe ich mich aufgemacht, am ersten Wochenende im Dezember. Ich war schon im Wald als die Glocken Mitternacht ankündigten. Es war kalt und leichter Schneefall.

Die Waldwege waren frisch verschneit, keine Spuren von Zweibeinern.

Schützenwall−Findling−Brünneli, dann rechts, links oder gerade aus?

Rechts den Weg zu der Obstpflanzung, wo Tag für Tag in den Morgenstunden ein ausgewachsener Rehbock liegt. Weiter zum Uttwiler Weiher. Ein erster Halt auf der neuen Brücke.

Die Augen geschlossen knapp zwei Minuten. Diese Ruhe, unglaublich.

Alle Waldbewohner sind in Nachtruhe. Unweigerlich kommt mir ein Gedicht von Gottfried Keller in den Sinn:
«Kein Flügelschlag ging durch die Welt, still und blendend lag der Schnee...

Im Weiher am Rand eine dünne Eisschicht, die ich ausprobierte. Tragfähig, aber nur zwei drei Meter. Mit meiner Taschenlampe richtete ich den Strahl aufs blanke Eis und siehe da: Fische waren sofort unter meinen Wanderschuhen sichtbar. Mit ersticken Jammer tasten sie an der Decke hin und her, ich vergess das dunkle Antlitz nie, immer, immer liegt es mir im Sinn.

Weiter Richtung Wasserschloss. Dunkle Eichen mit ihren riesigen Baumkronen sind schon mit Schnee bedeckt. Was könnten diese Bäume uns alles erzählen. Gerne spreche ich auch mit diesen Riesen und meine, aus der Antwort die Ängste dieser Waldbewohner zu hören. Veränderte Lebensbedingungen, Stürme, Trockenheit oder übermässiger Niederschlag machen ihnen Sorge. Zum Glück haben wir im Wald unseren Förster und Mitarbeiter, die durch ihre Arbeit den Wald pflegen und den Bäumen die bestmöglichen Bedingungen schaffen.

Als Letztes werde ich noch einen etwas magischen Ort aufsuchen in dieser Nacht. Den Leimatwald. Über zwei Strassen, Grenzlaufstrecke. Salmsach−Hefenhofen−Amriswil. Fast mit jedem Meter ist man in einer anderen Gemeinde.

Im süd-westlichen Zipfel, Nähe Schrebergärten, liegt ein kleines Feuchtgebiet. Viele Jahre schon darf ich Anfang Dezember zwei Rottannen aussuchen, um die katholische Kirche an Weihnachten zu schmücken. Vier, fünf Mal im Jahr schaue ich da vorbei und begutachte den Bestand. So auch jetzt. Die Wanderschuhe versinken im feuchten Waldboden, aufpassen sonst gibts nasse Füsse. Trotzdem lohnt sich die Querung. An der darüberliegenden Hochspannungsleitung hat sich Eis gebildet. Durch den nassen Schnee werden Eiskristalle losgelöst und fallen auf den Boden. Jedes fallende Kristall reisst einen kleinen Funken. Ein magischer Moment im leichten Schneefall.

Zeit Heim zu gehen, es ist zwei Uhr vorbei. Wieder im Romanshorner Forst stelle ich fest, dass schon einige Jungbäume die Schneelast nicht mehr tragen konnten. Am andern Tag kam noch heftiger Wind dazu, so dass fast eine Generation Buchen im Teenager-Alter vernichtet wurde. Tagelang war das Forsteam damit beschäftigt, die Wege und Zufahrten freizuschneiden.

Waldrand. Noch dreihundert Meter, bis diese Wanderung Vergangenheit ist.

Es war ein Erlebnis, zurückblicken darf man nicht zu viel, denn da waren wir ja schon...

Die wenigen Schritte liessen noch Zeit übrig, dem zu danken, der das alles erschaffen hat.

Bis zum nächsten Mal. Zwei- und Vierbeiner im Wald. Von einem Millimeter bis zwei Meter. Vom Krappeln zu der Motorsäge.

De Schmid Sepp
 


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