«Paris 2024 hat sich angefühlt wie ein Traum»
29.08.2024 Sport&Spiel, Romanshorn24-jährig, zweifache Olympiateilnehmerin (Tokio 2021 und Paris 2024), neuer Schweizer Rekord mit der 4×400-Meter-Mixed-Staffel, U20-Europameisterin, 23-fache Schweizer Meisterin, 12-fache Schweizer-Rekord-Halterin: Yasmin Giger, das Romanshorner Ausnahmetalent, das nur beim Sprung über die Hürden abhebt. Beim Gespräch mit dem «Seeblick» erzählt die Athletin über ihre Zeit in Paris, ihre Ambitionen und Pläne.
Herzlichen Glückwunsch, Yasmin, zu dieser tollen Leistung an den Olympischen Sommerspielen in Paris, die am 11. August mit einer bunten Feier zu Ende gingen.
Yasmin, du hattes an den Olympischen Spielen in Paris vier Startplätze. Im 400-m-Hürdenlauf erzieltest du deine drittbeste Zeit und hast mit der 4×400-Meter-Mixed-Staffeleinenneuen Schweizer Rekord realisiert. Trotzdem bist du oft sehr selbstkritisch. Warum?
Yasmin Giger: Ich bin definitiv sehr ehrgeizig, setze viele Prioritäten. Darum ist es mir extrem wichtig, mein Potenzial mit meiner Leidenschaft für den Sport voll auszuschöpfen. In dem, was ich mache, das Beste zu geben, um mein Land, meine Sponsoren, Fans und Familie und nicht zuletzt mich selbst stolz zu machen. Doch ist es das Allerwichtigste, gesund zu bleiben.
Wie viele Tage hast du in Paris verbracht?
Insgesamt war ich fast zwei Wochen in Paris. Ich bin nach der Eröffnungsfeier angereist, weil ich mich in der Schweiz noch intensiv vorbereitet habe. Es waren zwei Wochen voller Emotionen und unvergesslicher Erinnerungen. Ich konnte Bekanntschaften mit Menschen verschiedenster Kulturen machen, und hatte inspirierende, respektvolle Begegnungen mit so vielen talentierten Sportlerinnen und Sportlern aus aller Herren Länder.
Was macht eine Athletin, wenn sie keinen Einsatz hat, wie verbrachtest du den Tag?
Da ich mehrere Einsätze hatte, nutzte ich die Zeit dazwischen, mich vorzubereiten. Ich habe mich aber auch erholt, mit Kolleginnen in der Schweiz telefoniert, und mich von anderen Sportlern/Sportlerinnen inspirieren lassen. Und natürlich auch andere Sportarten verfolgt − und nach Möglichkeit etwas Sightseeing gemacht. Die Sehenswürdigkeiten waren sehr gut inszeniert und miteingebunden in die Geschehnisse.
Wurdest du auf der Strasse erkannt?
(strahlt) Ja, doch, definitiv. Das französische Volk war sehr gut informiert. Auch viele Glück-Wünsche habe ich erhalten. Es war unglaublich, wie die Franzosen begeistert waren. Stadien mit 80'000 Plätzen und schon morgens gefüllt.
Du hast im olympischen Dorf gewohnt? Allein in einer Wohnung oder teilten sich Athletinnen ein Appartement?
O ja, ich habe im olympischen Dorf gewohnt. Das war wie ein grosses Paradies, mit allem, was das Herz begehrt. Es hatte eine riesige Dining-Hall, Relax-Zonen, Coiffeur-Salons, Platz für Athleten, um sich auszutauschen oder gemeinsam an Grossbildschirmen das aktuelle Geschehen auf den verschiedenen Wettkampfplätzen zu verfolgen. Auch Wohnkomplexe hatte es innerhalb des olympischen Dorfes. Da habe ich gemeinsam mit Staffel-Kolleginnen in einem Appartement gewohnt, ich hatte ein Einzelzimmer. Wir haben uns sehr sicher gefühlt. Frankreich hat Sicherheit gewährleistet und alles gut koordiniert.
Du hast die Schlussfeier der Spiele der XXXIII. Olympiade auch miterlebt.Was war das für ein Gefühl? Das französische Publikum wurde sehr gelobt für seine Fairness und laute Begeisterung. Es ist unvergesslich, ein krönender Abschluss, der die Emotionen nochmals erleben liess. Dabei zu sein, wenn so viele Athleten aus so vielen Nationen zusammen friedlich feiern und es schön zusammen haben, hat mich tief beeindruckt. Und mit der Präsenz von Stars wie Tom Cruise und Snoop Dogg war es eine einmalige Schlussfeier mit viel Kunst und unvergleichlich magischen Momenten.
Was steht als Nächstes an?
Nach der Olympiade habe ich mir Zeit genommen, meinem Körper und meinem Geist die nötige Erholung zu geben, das ganze Erlebte auch zu verarbeiten. Die Phase Olympia hat sich angefühlt wie ein Traum. Die Saison ist noch nicht fertig. Mein Fernziel ist 2028 die Teilnahme an den Olympischen Sommerspielen in Los Angeles, sofern ich gesund bleibe.
Am Dienstag, 20. August, wurdest du seitens deiner Heimatstadt Romanshorn und des Sportamtes Thurgau geehrt. Was bedeutet dir diese Würdigung?
Das bedeutet mir unheimlich viel, und es war eine riesige Überraschung. Ich war gleichermassen gerührt und geehrt. Schön, zu wissen, dass sich meine Disziplin und meine Ansprüche an mich selbst gelohnt haben. Und auch schön, zu erfahren, dass meine Familie, mein Trainer und die Menschen in meiner Heimatstadt so mitgefiebert und an mich geglaubt haben.
Marianne Lüchinger
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Yasmin Giger: Würdigung durch Martin Leemann, Chef Sportamt Kanton Thurgau / by Stefan Ströbele