Oh Schweiz, Du geforderte
04.07.2024 Kolumnen, Uttwil , Salmsach, RomanshornOh Schweiz, Du geforderte
Vor Kurzem äusserte ein Kollegen-Autor von mir in diesem Blatt seine Besorgnis über die Medienlandschaft Deutschlands und die – seiner Meinung nach – unparteiische Einstellung der dortigen Staatsmedien und von deren herbeigeführten Volksverblendung zugunsten der Spaltung des politischen Miteinanders.
Für den Leser kann ein solcher Bericht über Verhältnisse im Nachbarstaat den Eindruck erwecken, in der Schweiz herrschen ähnliche oder die gleichen Zustände.
Fakt ist jedoch, dass vergangenes Jahr das Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft (Fög) der Universität Zürich eine Studie publizierte, die retrospektiv, Berichterstattungen aus der Schweizer Medienlandschaft analysiert hatte. Darin wurde zum Beispiel unser Staatsmedium SRF als politisch neutraler Berichterstatter durch die Forschergruppe erfasst. Auch andere, nicht staatliche Medienhäuser wurden so eingestuft, von denen eines eine der grössten Reichweiten in der Schweiz hat. Jedoch wurden auch Medienhäuser aufgelistet, die eine klare Rechts- oder Linkspositionierung im publizistischen Alltag aufweisen. Somit kann eine systematische Propaganda vonseiten des Staatsenders ausgeschlossen werden. Oh Schweiz, Du Glückliche! Du Freie!
Dass einem als Leser, Hörer oder Zuschauer die Berichterstattungen der Medienhäuser nicht immer passen und Übereinstimmung herrscht, liegt in der Natur des Menschen. Vor allem bei Personen, die politisch aktiver sind als der «Ottonormalverbraucher». So darf ich Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser, eingestehen: Auch ich habe bei der einen oder anderen Berichterstattung den Kopf geschüttelt, ganz losgelöst vom Medium.
Im Sinne der Reflexion fragte ich: Ist die Berichterstattung schlecht oder einseitig? Oder stimmt sie mit meiner persönlichen (politischen) Einstellung nicht überein?
Währenddessen fällt mir ein: Die Schweiz hat tatsächliche Herausforderungen. Zum einen die Altersarmut, die mit einer 13. AHV nicht behoben wird, oder die Landesverteidigung, bei der gewisse Kreise meinen, man könne sie mit Wiederaufbauhilfe gewährleisten oder ausländisch finanzierte Sender – die tatsächlich Volkspropaganda betreiben. Deren Volksverblendung kann auch hierzulande Früchte tragen.
Vielleicht sind die Probleme Deutschlands wichtiger als die der Schweiz. Ich habe mich dafür entschieden, dass ich mich auf die Herausforderungen der Schweiz fokussiere.
Sabir Semsi