Dienstag, 1. April, morgens um halb sieben beim Kreisel Hubzelg. Grosse Eile, die Leute sind unterwegs zur Arbeit oder so. Still, silbern und unbemerkt glänzt sie auf dem Hubzelgkreisel vor sich hin, die Ginial-Kugel.

Nein, er habe sie nicht gesehen, was ist das für eine Kugel? Der Kiosk-Besucher ist kein Romanshorner und darum in der Ortsgeschichte scheinbar nicht so bewandert. Die 800 kg schwere Stahlkugel verschwand im Jahr 2022 im Bodensee und mit ihr 230 Liter Wacholderschnaps. Der tiefe Pegelstand in diesem Frühjahr brachte sie wieder ans Tageslicht. Ein Fischer entdeckte sie. Der Schiffsbergeverein hob sie − zum Glück der Besitzer − und stellte sie auf dem Hubzelgkreisel auf. Leer sei sie gewesen, dabei hätte man jetzt mit Gin anstossen können. Aber eben, niemand beachtete sie. Nicht einmal das «guten Morgen» erwiderte der nächste Shop-Besucher. Er sah, hörte und beachtete mich ebenso wenig wie die Gin-Kugel. Man könnte verschwinden und wieder auftauchen, kein Mensch würde es bemerken. Na ja, der Alltagsstress!

Der Nächste hatte mehr Zeit, schien auf jemanden zu warten: «Haben Sie den Kreisel schon angeschaut und etwas Rundes entdeckt?» «Der Kreisel gefällt mir gar nicht, nicht rund, so komisch halb-oval.» Scheints sei dies die optimale Form, damit Lastwagen im perfekten Winkel rundherum fahren können, von KI berechnet worden. Es geht halt doch nichts über den altmodischen gesunden Menschenverstand! Nein, die Ginal-Kugel hat auch er nicht entdeckt. Dabei hat es geheissen, die Fotografin müsse frühzeitig vor Ort sein, bevor von offizieller Seite das Korpus Delikti entfernt wird. Die haben die Kugel wohl genauso übersehen wie damals die Taucher auf dem Grund des Bodensees. Dabei war sie immer schon da.

Ohne Schnäpsli gehe ich wieder und schau vielleicht am Mittag nochmals vorbei.

Trudi Krieg