«Häsch gwüsst...»
02.10.2025 Kolumnen, Uttwil , Romanshorn, Salmsach…, dass Patrik Forrer, der Gemeindepräsident von Salmsach, ein Mann mit vielen Talenten ist?
Salmsachs Gemeindepräsident ist ein Mann mit vielen Facetten, der es in seiner Freizeit auch liebt, den Pinsel fein zu führen und seine Bilder mit der ihm eigenen Farbharmonie zu prägen. Fotos: Melanie Forrer
Wenn man an einen Schulleiter und Politiker denkt, kommt einem vieles in den Sinn, wohl aber kaum Kunst und Malerei. Wenn man Patrik Forrer kennenlernt, gibt es nur eines: Umdenken. Und das ist auch etwas, was er sich wünschen würde, vor allem, wenn es um Schule und die dahinter liegenden Systeme und Strukturen geht. Und schon sind wir mittendrin:
Ich treffe Patrik Forrer an einem Sommernachmittag im Panem in Romanshorn. Es ist aber nicht nur die ungezwungene Umgebung, die das Gespräch zu einem inspirierenden und interessanten macht, es ist der Mensch mir gegenüber, ein Mensch mit vielen Facetten und einem Lebensweg, der alles andere als gradlinig war. Nach einer sehr schönen Kindheit kam er in die Schule und da fing alles an. Was ein wenig flapsig daher gesagt klingt, entbehrt nicht jeglicher Wahrheit: Die frühen Schuljahre flogen ihm förmlich zu, heute würde man ihn wohl hochbegabt nennen. Damals im Appenzellischen kannte man keine Fördermöglichkeiten oder Sondersettings, also liess man ihn eigene Wege gehen, während die anderen ihre Rechenaufgaben lösten und Buchstaben lernten. Manchmal erledigte er für den Lehrer Besorgungen, sonst sass er in der Schulbank und zeichnete für sich. Vielleicht wurde da der Grundstein gelegt für die spätere Auseinandersetzung mit der Kunst, zumindest wurde sein Talent erkannt und er durfte es leben.
Im Gymnasium sah es plötzlich anders aus. Nun flogen ihm die Dinge nicht mehr zu, nun war er einer von vielen, die alle so intelligent waren wie er, und er merkte, dass er das Lernen verlernt hatte und die Motivation dafür nicht sonderlich gross war. Auch hier war es der Kunstunterricht, der ihm die guten Schulmomente verschaffte. Das reichte leider nicht aus: Ein Jahr vor der Matur war seine Zeit am Gymnasium beendet, er flog raus. Da stand er nun ohne Abschluss, mit enttäuschten Eltern und der Frage: Wie weiter?
Seine Affinität für Farben und das Kreative gaben den Ausschlag, er entschied sich für eine Druckerlehre. Nun wollte er beweisen, dass er sich einsetzen kann, und der Erfolg zeigte sich schnell. Er wurde gefördert und konnte endlich zeigen, was er kann. Nach der Lehre wurde er Dozent in seinem Fachgebiet, später Abteilungsleiter an der Schule für Gestaltung Lehrberufe in St. Gallen, wo er begann, sich für offenere Schulstrukturen einzusetzen. Zur Politik war es nur noch ein kleiner Schritt und als Gemeinde- und Schulpräsident setzt er sich heute weiter für eine zeitgemässe und kindgerechte Schule ein.
Dass die Zeit bei dem Engagement knapp wird, liegt auf der Hand, zudem ist Patrik Forrer auch Familienmensch mit Herz und Seele, doch wenn die Zeit es zulässt, malt er noch heute. Er hat sich der Bauernmalerei verschrieben, die er in die Moderne führt mit einem in sehr eigener Kombination aus Zeichnung und farblich harmonisch, fast etwas abstrakten Hintergrund. Dass er seine Bilder oft in alten Fensterrahmen präsentiert, gibt dem Ganzen den feinen Schliff.
Wieso er, der die Schule nicht wirklich liebte, wieder im Schulhaus gelandet ist, wollte ich von ihm wissen. «Ich wollte etwas zurückgeben.» Mit seiner Erfahrung, dass Schüler durch die Maschen fallen können, wenn sie dem System nicht entsprechen, wollte er Veränderungen anstreben, das zu verhindern. Weg von starren Konzepten, hin zu mehr freier und autonomer Gestaltung. Das setzte er zuerst sehr erfolgreich in St. Gallen um (nicht ohne Widerstände) und versucht es nun auch in Salmsach. Er ist sich bewusst, dass die Mühlen in den Schulbehörden langsam mahlen, aber er gibt nicht auf. So ist es gelungen, in Salmsach das Churer Modell umzusetzen − ein erster Schritt in eine freiere Schulgestaltung. «Ich setze auf die 4 Ks: Kommunikation, kritisches Denken, Kreativität, Kollaboration», sagt Patrik Forrer, denn er ist überzeugt, dass damit Schule gelingen kann − und nicht nur die. Deutlich wird dabei eines: Sein Hauptanliegen sind die Kinder. Für sie soll die Schule ein Ort sein, an dem sie gehört und gesehen werden, ein Ort, an dem sie die nötigen Strukturen haben, um sich darin entfalten zu können.
Sandra von Siebenthal