Es war eine Sensation, die weit über Romanshorn hinaus die Medienwelt bewegte und Hunderte ins Dorf am Bodensee pilgern liess: In Künzler’s Zoo garten − zwischen Romanshorn und Amriswil gelegen − kamen am 31. Mai 1967 zwei Tigerbabys auf die Welt. Dem Zoogründer Karl Künzler gelang damit ein aussergewöhnlicher Zuchterfolg mit Sibirischen Tigern, was weit über die Landesgrenze Beachtung fand.

Tierhändler Karl Künzler hatte zusammen mit Ehefrau Elsi die Liegenschaft des ehemaligen Restaurants Obstgarten im Frühjahr 1964 erworben. Die Familie Künzler zog mit ihrem Kleinzoo vom bisherigen Domizil in St. Margrethen SG nach Romanshorn. Zoogarten und Restaurant erforderten von Elsi und Karl Künzler sowie ihren drei Kindern und der ganzen Crew viel Einsatz.

Beliebtes Ausflugsziel
Schnell wurde der Romanshorner Künzler Zoo in der ganzen Ostschweiz bekannt und entwickelte sich zu einem  sehr beliebten Ausflugsziel nicht nur für Gross und Klein, sondern auch als Zielort unzähliger Schulreisen.
Als Hauptattraktion gab es Shows mit Raubkatzen: Jeden Samstag und Sonn tag fanden für die Zoobesucher Aufführungen statt. Wochentags konnten die Besucher den Dompteuren beim Dressieren der Tiere zuschauen. Einige weltberühmte Dompteure haben ihre Karriere im Künzler Zoo in Romanshorn gestartet, wie etwa René Strickler, Jürg Jenny und der deutsche Dompteur Dieter Cappus.
Mittlerweile konnten mehr als 200 Tiere  in Künzler’s Zoogarten bestaunt werden, Vögel aus der ganzen Welt, Löwen, Panther, Tiger und Katzen, Lamas, aber auch Krokodile, Dingos, Bären, Greifvögel  und Affen…und auch mal Elefanten!

Elefanten reisten auf der Fähre an
Da Karl Künzler berufsbedingt viel unterwegs war, führte seine Frau Elsi den Zoo. So sei es einmal vorgekommen, als er gerade auf Reisen war, dass sie einen Anruf erhielt: Neun Elefanten sind mit der Fähre angekommen. Und weil sie nicht recht wusste, was nun zu tun sei, habe sie ein Gatter genommen, um die Tiere im Ro manshorner Hafen abzuholen, und sie so in den Zoo gebracht.
Der Zoo expandierte. Aus Gründen des Tierschutzes und zur Sicherheit der Be sucher musste immer wieder sehr viel in die Anlagen investiert werden.

Grossartiger Zuchterfolg
Nicht nur in ganzen Schweiz, sondern auch im Ausland wurde man auf diesen expandierenden Privat-Zoo aufmerksam. Ganz besonders 1967 wegen seines Zuchterfolgs bei Sibirischen Tigern.
Am 31. Mai 1967 hat die Tiger-Dame Sascha nach 105-tägiger Tragzeit zwei weib lichen «Tigerli» das Leben geschenkt. Ein sensationeller Zuchterfolg, der in den Medien Niederschlag fand. Überall wurde von diesem Ereignis berichtet. Im Juli 1967 war auch das Schweizer Fernsehen in Künzler’s Zoogarten in Romanshorn zu Gast. Die junge Moderatorin Helen Issler-Keel berichtete im Rahmen der damals beliebten Vorabendsendung «Antenne» über die Tigerbabys.

Der Bericht wurde am 17. Juli 1967 ausgestrahlt – vor genau 54 Jahren.
Im Interview erklärt Karl Künzler, dass es bereits ein Erfolg sei, dass Tiger in Zucht überhaupt 4 Jahre alt werden. Die  meisten würden Darmkrankheiten und der bis dato noch zu wenig erforschten Sibirischen-Tiger-Krankheit erliegen. Es bestand auch die Angst, dass das Männchen  das Weibchen töte. Daher sei das Tiger-Paar im Alter von 18 Monaten getrennt und erst zur Paarung wieder zusammengelassen worden. Mit Erfolg!

Schicksalsschlag erfordert Aufgabe des Zoos
1975 erlitt Karl Künzler einen Herzinfarkt, er musste kürzertreten. Auch für seine Ehefrau Elsi ein schwerer Schlag. Der Unterhalt des Zoos kostete jeden Mo nat 8000 Franken; viel Geld für einen Familienbetrieb. Und im Lauf der Jahre gab’s grosse Konkurrenz durch den Plättli-Zoo in Frauenfeld und den Tierli Walter in Gossau. Weil kein Käufer gefunden werden konnte, entschlossen sich Künzlers schweren Herzens, ihren geliebten Zoo nach 14-jähriger Führung im Oktober 1977 zu schliessen.

Marianne Lüchinger

Link zum Video Tigerbabys SRF/Antenne

Link zum Video Wilde Afrikaner: Elefanten und Zebras kommen in Romanshorn an (29.04.1966)