Brüggli: Nach Turbulenzen wieder vorwärtsschauen
11.12.2025 Wirtschaft, RomanshornMit einem grossen Trotzdem geht es weiter: Die Verantwortlichen sind zuversichtlich für die Zukunft des grossen Sozialunternehmens «Brüggli». Geschäftsleiter Rainer Mirsch und Kommunikationsleiter Michael Haller im Gespräch mit dem «Seeblick».
Die vergangenen Monate waren nicht einfach für die Leitung, die Mitarbeitenden sowie die Klientinnen und Klienten bei Brüggli: Jetzt sehen sie wieder klarer und vor allem positiver in die Zukunft, wie Rainer Mirsch und Michael Haller in einem Gespräch betonen: «Ja, die finanzielle Situation ist angespannt, um nicht zu sagen, ernst. Und ja, die Unsicherheit bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern war spürbar. Im Blick zurück waren es mehrere Geschichten, die diese finanzielle Schieflage verursacht haben. So gingen seit einigen Jahren die Beiträge von IV und Kanton zurück. Um unseren sozialen Auftrag weiterhin erfüllen zu können, haben wir unter anderem den wirtschaftlichen Teil des Medienunternehmens ausgelagert durch ein Management-Buy-out und die Fahrradanhänger-Marke Leggero verkauft. Dann haben wir fünf Jahre lang an der Entwicklung eines Mulchroboters mit Namen Scarabaeus gearbeitet. Leider blieb der Durchbruch aus – es fehlten die Ressourcen, um den nötigen Marktdruck zu erzeugen, und wir mussten dieses Projekt sistieren und suchen nun einen Käufer.»
Lohnaufträge sind wesentlich
«Wir sind auf eine Grundauslastung in allen Bereichen angewiesen. Für die Ausbildung und Beschäftigung ist sinnstiftende und idealerweise gut planbare Arbeit wichtig», erklärt Rainer Mirsch. Heute laufe vieles recht gut, so sei beispielsweise die Gastronomie mit dem «Usblick» etabliert, werde gerne gebucht für Seminare und öffentliche Anlässe. Auch der Mittagstisch, das Catering und das Angebot des Sonntagsbrunchs seien gefragt. Zudem seien die Hauswirtschaft und der Bereich Unterhalt und Technik stabil unterwegs. «Bei Brüggli-Industrie sind rund 250 Personen involviert. Die Hundeboxen der Eigenmarke 4pets sind ein Aushängeschild. Dazu kommen Lohnarbeiten wie zum Beispiel die Montage von Schulstühlen oder die Fertigung von Kuriertaschen.»
Vorgeschlagene Lohnkürzungen werden akzeptiert
Der Schritt, den Leiterinnen und Leitern Lohnkürzungen zuzumuten, sei dem Vereinsvorstand zwar schwergefallen, nichtdestotrotz aber nötig. Denn so liessen sich Entlassungen vermeiden. Gemildert werden die Lohnkürzungen durch Anpassungen der Arbeitsbedingungen und durch veränderte organisatorische Rahmenbedingungen. «Bis Mitte November hatten die Leiterinnen und Leiter Zeit, sich zu überlegen, ob sie mit den neuen Bedingungen einverstanden sind. Wir sind sehr froh darüber, dass die meisten die Perspektiven sehen und Brüggli die Treue halten. Wir brauchen diese Fachleute. Wir haben einen Ausbildungs- und Integrationsauftrag zu erfüllen. Darum sind wir auf genügend ausgebildetes Personal angewiesen. Immerhin bieten wir für 200 Lernende in zwölf Berufsfeldern 42 Angebote auf verschiedenen Niveaus.
Für die Zukunft müssen wir kommunikativ noch aktiver sein. Wir möchten unsere Leute auf allen Stufen involvieren und noch stärker partizipieren lassen», so Michael Haller.
Auch vor Ort
Wenn Brüggli die angestrebte Balance halten wolle, brauche es neben Lohnarbeiten für die Institution selber auch künftig neue Entwicklungen und Projekte, zum Beispiel im Haustierbereich: «Und um zu zeigen, dass wir mit unserem Unternehmen mittendrin sein wollen, werden wir an Märkten und öffentlichen Anlässen in der Region präsent sein. Zudem feiern wir im nächsten Jahr unser 40-jähriges Bestehen. Dazu ist im September 2026 ein Tag der offenen Tür geplant.»
Markus Bösch
Brüggli ist ein vielfältiges Ausbildungs- und Integrationsunternehmen mit 750 Angestellten. Rund 650 Menschen, die bei Brüggli eine Arbeit finden, haben psychische oder körperliche Schwierigkeiten. In diesem Jahr haben 49 junge Berufsleute ihre Ausbildung erfolgreich abgeschlossen. Hinter dem Sozialunternehmen steht ein politisch und konfessionell neutraler Verein. Für strategische Entscheide ist dessen Vorstand zuständig. Die operative Ebene liegt beim Geschäftsleiter.
