Bergeplattform rast unkontrolliert in die Tiefe – Bergung wird eingestellt

  27.05.2024 Wirtschaft, Romanshorn

Video oben: Bergeplattform rast in die Tiefe / by Blick TV

Die Videos wurden dem «Seeblick» in verdankenswerter Weise von Blick TV zur Verfügung gestellt.


DS «Säntis» − die Jahrhundertbergung

Der Schiffsbergeverein teilt mit: Die Bergung des Dampfschiffs Säntis ist nach intensiven Bemühungen eingestellt worden. Trotz aller Anstrengungen und Hoffnungen konnte das Wrack nicht geborgen werden. Anfangs verlief am Sonntag alles nach Plan, die Bergeplattform wurde kontrolliert mit den Hebesäcken abgesenkt. Doch dann lief plötzlich alles aus dem Ruder, die Bergeplattform senkte sich immer schneller ab und konnte nicht mehr gebremst werden. Sie raste unkontrolliert in die Tiefe und kam auf dem Wrack der «Säntis» zu liegen.

Das Jahrhundertprojekt, die 1933 versenkte «Säntis» zu heben, ist gescheitert: Silvan Paganini und die gesamte Crew sind traurig und enttäuscht. Nach dem unkontrollierten Absturz der Bergeplattform findet er nur langsam Worte: «Das Positive ist, die Plattform ist über der ‹Säntis›, aber nicht so wie wir das wollten. Irgendwie konnten wir die Bremsen nicht mehr halten, doch was genau passiert ist, wissen wir nicht. Die Bobine hat ein Zweibremssystem, beide versagten, auch das Notbremssystem konnte nicht mehr aktiviert werden, es war schon zu spät.»

Stahlseil gerissen, Plattform sackt ab
Was ist geschehen? Die Bergeplattform war planmässig an Stahlseilen befestigt auf 20 Meter abgesenkt und die Crew begann damit, Tests an den Kompressoren durchzuführen. Plötzlich drehte sich auf dem Kiesschiff Mary die Bobine, von der das Stahlseil abgewickelt wurde, immer schneller, begann zu rauchen. Die Crew versuchte vergebens, die Bremsen anzuziehen, brachte sich schliesslich in Deckung. Dann stand die Bobine bockstill, das Stahlseil straff angezogen. Sekunden später riss mit einem heftigen Ruck das Seil und die Bobine hüpfte für einen Moment fast wie ein Spielzeug auf dem Kiesschiff. Mit Hochgeschwindigkeit wickelte sich das Seil ab und die Bergeplattform raste ungebremst in die Tiefe, auf die «Säntis» zu. Die Pontons wurden mitgerissen, sind implodiert und ebenfalls abgesackt.

«Dass der Absenkungsvorgang gefährlich ist, wussten wir», sagt Silvan Paganini, «traurig, dass es an diesem nun gescheitert ist. Es ist das Ende des Projektes, es ist schlimm, wie es unten aussieht. Jetzt müssen wir alles bergen, was noch brauchbar ist. Es wird analysiert, wie wir weiter vorgehen und die Aufräumaktion starten, und von der Bergeplattform heraufholen, was noch geht. Das Projekt vom Bergen ist sicher gescheitert. Die Bergeplattform ist unbrauchbar, wie sie jetzt ist, die Pontons sind kaputt, Längsträger der Plattform zerbrochen, Hunderte Meter Seile in einem Gewirr auf und über dem Wrack am Grund. Das Wrack selbst hat nicht viel Schaden davongetragen. Wenigstens etwas. Am wichtigsten ist, dass niemand verletzt worden ist», bilanziert Paganini.

Bergung der «Säntis» wird aufgegeben
Silvan Paganini ist sehr enttäuscht, gleichwohl auch die Crew. Auf dem Seegrund liegt ein Trümmerhaufen. Auch Paganinis Träume, das seit über 90 Jahren auf dem Seegrund ruhende Dampfschiff «Säntis» zu bergen, sind zerschlagen.

Ob noch ein weiterer Versuch gestartet werden wird? Der Schiffsbergeverein teilte am Montag mit: «Die Kosten und Risiken für die beteiligten Personen stiegen, während die Chancen auf Erfolg sanken. Nach mehreren technischen Rückschlägen beschlossen die Verantwortlichen schweren Herzens und nach reiflicher Überlegung, die Bergung einzustellen.» Die Nachricht habe bei allen Direktbeteiligten eine Mischung aus Trauer und Enttäuschung ausgelöst. «Auch Gönner und Fans, die für die Protagonisten des Vereins immer ein starker Rückhalt waren, werden diesen Entscheid ebenfalls bedauern. Am Schluss ist die rationale Entscheidung nachvollziehbar. Der Verein hat stets betont, nur so lange weitermachen zu wollen, wie die Risiken und Kosten kalkulierbar und im Verhältnis zur Konservierung dieses grossartigen Schiffes vertretbar blieben.»

Mahnmal für die Herausforderungen der Seefahrt
Der Schiffsbergeverein teilte weiter mit: «Das Vermächtnis des Dampfschiffs Säntis wird als Mahnmal für die Herausforderungen der Seefahrt und die Opferbereitschaft der Beteiligten weiterleben. In den kommenden Jahren werden möglicherweise weitere Bemühungen unternommen, das Wrack zu bergen und seine Geheimnisse zu enthüllen. Doch selbst wenn dies nie geschieht, wird das Dampfschiff Säntis in Erinnerung bleiben als ein Symbol für die Unberechenbarkeit des Bodensees und für die Endlichkeit des menschlichen Strebens.»

Und die «Säntis» schlummert nun weiter in 210 Metern Tiefe auf dem Grund des Bodensees.

Redaktion / Schiffsbergeverein


Die Videos wurden dem «Seeblick» in verdankenswerter Weise von Blick TV zur Verfügung gestellt.

DS Säntis liegt auf Grund, die Bergeplattform auf dem Schiff / by Blick TV

Tanks der Bergeplattform nach unkontrolliertem Absinken stark beschädigt / by Blick TV

Verhedderte Hebesäcke, nach Absturz Bergeplattform / by Blick TV

Interview Paganini - Projekt ist gescheitert / by Blick TV

Interview, Marcel Künzler, Taucher, vor Absenken der Plattform / by Blick TV

Paganini brieft Taucher am Sonntag früh / by Blick TV

Silvan Paganini kontrolliert Bergeplattform vor dem Absenken mit Tauchroboter / by Blick TV

Video unten: Totale des Kieschiffs Mary mit Kompressor / by Blick TV


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