Bühnenreife Geschichte an der Kanti Romanshorn
22.08.2024 Schule&Bildung, RomanshornMit seinem «Historischen Kabarett» sorgte Benedikt Meyer für einen lehrreichen und unterhaltsamen Schuljahresauftakt.
Wie unglaublich absurd geschichtliche Episoden anmuten können, veranschaulichte der Historiker, Kabarettist und Autor mittels Frauenstimmrecht. 1887 wollte Emilie Kempin das Bundesgericht davon überzeugen, dieses einzuführen, weil die Frauen in der Verfassung zwar nicht genannt, aber stillschweigend mitgemeint seien. Das Gericht lehnte Kempins Klage ab – bloss um 103 Jahre später die Appenzell-Innerrhödler mit genau demselben Argument zur Einführung des Frauenstimmrechts zu bewegen.
Dass Geschichte sich zudem nicht nur auf Fakten stützt, sondern Fakten umgekehrt auch den Mythen und Legenden angepasst werden, bewies Benedikt Meyer anhand der «Schönheits-OP für einen toten Hund»; gemeint damit ist der Bernhardiner Barry, der im naturhistorischen Museum Bern ausgestellt ist und wegen seiner ursprünglich schmächtigen Statur so gar nicht den Heldenerzählungen entsprach, die über ihn kursierten. So wurde er einfach umgebaut: längere Beine, breitere Brust, stolzere Haltung.
Wie Fakes oder Fotomontagen erschienen auch die Schwarz-Weiss-Bilder, die Benedikt Meyer den Schülerinnen und Schülern der KSR präsentierte und sie über deren (Wider-)Sinn mutmassen liess. Damit lockerte er seinen Auftritt, der von starker Präsenz, Lebendigkeit und subtiler Ironie geprägt war, didaktisch-interaktiv auf. Benedikt Meyer hat eine Geschichtslektion par excellence geboten.
Mélanie Deiss