«Es soll das ganze Jahr blühen»

  04.04.2024 Kultur&Natur, Romanshorn

118 Imkerinnen und Imker feiern ihr 125-Jahr-Jubiläum: Im Oberthurgau sind Millionen von Bienen für sie unterwegs. Der Präsident Martin Stettler ist seit seiner Jugendzeit mit Spass und Herzblut überzeugter Bienenzüchter.

1899 gründete Ruedi Reber aus Wiedehorn den Imkerverein Egnach in Ringenzeichen. Von da breitete sich der Verein rasch aus ins heutige Einzugsgebiet, das von Horn bis Kesswil und von Romanshorn bis Neukirch reicht: «Zurzeit sind wir 118 aktive Imkerinnen und Imker, die ihre Bienenstände an 145 Standorten aufgestellt haben. In diesen Bienenhäuschen wohnen etwa 1350 Bienenvölker. In unserer Gegend/in der Schweiz leben vor allem drei Arten: Die dunkle Biene (Melifera melifera), die Kärtner Biene (Carnica) und die Buckfast (eine Kreuzung der melifera und carnica)», erzählt Martin Stettler. Seit 2023 ist er Präsident des Imkervereins Egnach.

Was brauchen Bienen?
Damit Bienen sich wohlfühlen, muss der Standort ihrer Wohnung wohlüberlegt sein: Das Flugloch sollte sich in Richtung Südsüdost befinden, die Wetterseite geschützt und nicht in einer Mulde aufgestellt sein: «Ganz wichtig ist ein reichhaltiges Nahrungsangebot in einer möglichst natürlichen Umgebung in einem Radius von höchstens zwei Kilometern. Die Blumen und Sträucher sollten biodivers und wenn möglich einheimisch sein, also eine bienenfreundliche Umgebung. Damit diese summenden Insekten zu genug Nahrung – sprich
Pollen und Nektar − kommen, sind sie fast das ganze Jahr über auf «et was Blühendes» angewiesen. Das heisst zum Beispiel Weide und Hasel im Frühling, Kornelkirsche und Faulbaum im Sommer, Liguster und Efeu im Herbst. Neben dem eigenen Garten ist der Imker – genauso wie alle Insekten und Vögel – auch auf andere Gärten und Anlagen angewiesen, die artenreich gestaltet sind», so Stettler. Neben den Honigbienen (und Wespen und Hummeln) gibt es auch zahlreiche Wildbienenarten, die solitär, also einzeln leben. Viele davon sind auf ganz spezielle Wohnungen und auch Pflanzen als Nahrung angewiesen.

Viel zu tun
Klar ist, dass der Imker nicht nur während der Zeit der Futtersuche der Bienen engagiert ist. Zu tun gibt es genug während des ganzen Jahres: «Im März wird ausgewintert, das heisst, die Bienenwohnung verkleinert, dann werden die Futterwaben ersetzt. Bis Ende Mai werden die Weiselzellen kontrolliert – darin kann sich eine neue Königin entwickeln – und entweder entfernt oder für ein Jungvolk in einem neuen Kasten ‹gebraucht›. In den Sommermonaten, Ende Mai und Ende Juli wird der erste Honig geschleudert. Nach dem ersten Schleudern muss der Futtervorrat im Auge behalten und eventuell mit einer Zwischentrachtfütterung unterstützend geholfen werden. Nach dem zweiten Schleudern wird der Honig mit Zuckerwasser ersetzt. Pro Volk braucht es etwa 25 kg Zucker. Gleichzeitig sind die ersten Varroa-Behandlungen angesagt. Ende September ist das Anfuttern abgeschlossen. Die letzte Varroa-Behandlung wird Ende November durchgeführt. Im Winter heisst es dann, Material zu richten und Waben vorzubereiten. Wegen der vielfältigen Arbeiten macht der Grundkurs, den wir anbieten, auch Sinn: Während 18 halben Tagen lernen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer alles Nötige kennen. Schliesslich sind Bienen Lebewesen und arbeitet der Imker und die Imkerin in und mit der Natur.»

Im Verein selbst gibt es ebenfalls zahlreiche Möglichkeiten des Austausches. Martin Stettler ist als Berater und Kursleiter auch Ansprechperson für Fragen rund um Bienen, zumindest im Oberen Thurgau.

Und in Zukunft?
Dass sich immer wieder und neu Menschen für die Imkerei interessierten, zeigt der laufende Grundkurs, der von acht Erwachsenen und einem Jugendlichen besucht wird. Inwieweit sich der Klimawandel auf die Bienen(-zucht) auswirken wird, ist offen: «Einerseits werden die Wetterextreme sicher einen Einfluss haben und anderseits stellt sich die Frage, wie die Pflanzenwelt sich entwickeln wird. Im Bienenstock selber beträgt die Temperatur während der Brutzeit maximal 37 Grad. Die Aussentemperaturen haben da sicher einen Einfluss. Darum ist es zwingend, dass sich in der Nähe genügend Wasser befindet, mit dem die Bienen den Stock kühlen können.»

Markus Bösch


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote