Frauenpower im Seebad Romanshorn

  18.07.2023 Sport&Spiel, Romanshorn

Nachwuchs-Schweizermeisterschaft, Universade, Olympia-Qualifikation im Modernen Fünfkampf - Drei junge und ehrgeizige Frauen mit unterschiedlichen Zielen und doch haben sie etwas gemeinsam: Um diese Ziele zu erreichen müssen sie vor allem eines, schnell schwimmen.

Ihre Wege kreuzen sich deshalb mehrmals pro Woche in Romanshorn in den Schwimmtrainings der Elitegruppe des Schwimmclub Romanshorn, dem einzigen aktiven Schwimmclub im Oberthurgau mit lizenzierten Schwimmer:innen. Jetzt im Sommer im beheizten Seebad und von Oktober bis April im Winterwasser Oberthurgau. In den Übergangszeiten fahren sie auch bis nach Weinfelden, Frauenfeld oder gar Balgach auf der Suche nach freier Wasserfläche für ihre Trainingseinheiten. Die drei jungen Frauen heissen Elisa Balsamo, Fabiana Bötschi und Lea Egloff. Wir haben sie im Seebad Romanshorn bei einer Trainingseinheit besucht. Immer am Bassinrand mit dabei ist Antoinette Gerber, ihre Trainerin und Förderin. Bevor sie für zwei Stunden ins Wasser eintauchen geben sie uns einen Einblick in Ihre Sportwelt.

Fabiana, du hast dich vor zwei Jahren dem Schwimmclub Uster-Wallisellen, dem grössten und erfolgreichsten Schweizer Schwimmclub, angeschlossen. Was verbindet dich heute noch mit dem SCR?
Beim SCR bin ich gross geworden, da ich mit fünf Jahren begonnen habe, zu schwimmen. Ich verbinde deshalb viele positive Erinnerungen mit diesem Schwimmclub und dessen Trainerinnen und Trainer. Da ich eine so lange Zeit beim SCR war, konnte ich bei jüngeren Athletinnen und Athleten wie Elisa bei deren Leistungssteigerung zusehen und diese miterleben, was mich auch mit den jüngeren verbindet.

Du hast Dich für die Staffelwettbewerbe für die Universade in Chengdu qualifiziert. Dort darfst auch über 100 und 200m Crawl starten. Du hast viel geleistet um dieses Ziel zu erreichen. Wie wichtig sind die Trainingseinheiten die du hier beim Schwimmclub Romanshorn absolvieren kannst im Hinblick auf diesen Höhepunkt?
Könnte ich meine Trainingseinheiten nicht hier in Romanshorn absolvieren, wäre es unmöglich für mich, mein Trainingspensum und das Studium in St. Gallen unter einen Hut zu bekommen. So gelingt es mir, die Trainings von meinem Trainer von Uster unter der Leitung von meiner ehemaligen Trainerin Antoinette zu absolvieren. Gerade bei der Vorbereitung auf den Saisonhöhepunkt ist es extrem wichtig, alle Trainings durchzuführen.

Was bedeutet Dir die Qualifikation für die Universade?
Da es für mich der erste internationale Wettkampf ist, bei dem ich mit der Schweizer Flagge auf der Badekappe schwimmen darf, bedeutet mir diese Qualifikation sehr viel. Es ist eine Bestätigung für mich, dass die Kombination mit den Trainings in Uster und Romanshorn gut funktioniert. Ausserdem ist es wie eine Art Belohnung für all die intensiven Trainings und den Zeitaufwand, den ich mir dafür genommen habe. Ich freue mich enorm auf dieses Erlebnis!

Was wünschst du als Ehrenmitglied dem SCR?
Ich wünsche mir, dass der SCR noch lange bestehen kann und erfolgreich an regionalen, nationalen oder sogar internationalen Meisterschaften teilnehmen kann. Damit dies geschieht, wird vorausgesetzt, dass die Athletinnen und Athleten das ganze Jahr über trainieren können. Die Idee eines Wassersportzentrums würde sich dafür bestens eignen. So ist auch sichergestellt, dass das Schulschwimmen und die Schwimmkurse durchgeführt werden können und so für Nachwuchs für den SCR gesorgt ist.

Elisa, wie sieht eine normale Trainingswoche bei dir aus?
Ich trainiere von Montag bis Freitag jeden Abend von 18 bis 20 Uhr, am Dienstag und Donnerstag am Morgen von 6-8 Uhr und am Samstag vom 9-11 Uhr. Nächstens Jahr werde ich dies mit drei Krafttrainings-Einheiten ergänzen. Bei diesem Trainingsaufwand fällt es mir natürlich leichter mit zwei Kolleginnen zu schwimmen welche die gleichen Träume haben wie ich. Die Stimmung ist immer sehr gut und wir motivieren uns gegenseitig.

Sind Fabiana und Lea deine Vorbilder und was kannst du von ihnen lernen?
Schon als ich als kleines Mädchen zum SCR kam war Fabiana mein großes Idol und ich wollte immer so sein wie sie. Noch heute bin ich fasziniert wie fokussiert sie trainiert und ihre Ziele verfolgt. Als Lea zu uns kam, lernte ich eine Sportlerin kennen die mich extrem beeindruckt. Nicht nur wegen der unterschiedlichen Disziplinen die sie trainieren muss, sondern weil sie schon am frühen Morgen mit einem Lächeln zum Training erscheint und so viel Freude ausstrahlt.

Du bist eine sehr vielseitige Schwimmerin, warst im letzten Jahr schnellste Schweizerin in deinem Jahrgang über 50m Rücken und 5km. Bereits sieben Medaillen von Nachwuchs-Schweizermeisterschaften hängen bei dir zu Hause, darunter drei Goldene. Was hast du dir dieses Jahr vorgenommen?
Ich möchte natürlich um die Finalqualifikationen schwimmen. Wenn es mir gelingt persönliche Bestzeiten zu schwimmen, dann kann ich auch um Medaillen mitkämpfen. Ich werde dafür mein Bestes geben.

Was sind deine weiteren Ziele und was bräuchte es um die Vorbereitung zu optimieren?
Ich werde ab August eine neue Schule besuchen die mir die Möglichkeit gibt mich im nächsten Jahr voll auf den Sport zu konzentrieren und die Trainings zu intensivieren. Mein Wunsch wäre ein 50m-Hallenbad damit wir unseren Sport das ganze Jahr unter optimalen Bedingungen ausüben könnten.

Lea, seit wann trainierst du beim SCR?
Ich habe während dem Lockdown zum Schwimmclub Romanshorn gewechselt. Es war in dieser Zeit sehr schwierig eine Trainingsmöglichkeit zu finden. Da ich mit Fabiana Bötschi bereits Morgentrainings absolvierte, kannte ich sie und sie nahm mich dann mit zum SCR. Ich fühlte mich von Anfang an gut aufgehoben in dieser Trainingsgruppe. Darum bin ich beim SCR geblieben. 

Fühlst du dich wohl in der Trainingsgruppe und wie wird auf deine spezifischen Bedürfnisse Rücksicht genommen?
Meine Trainingsgruppe beim SCR ist sehr motiviert und leistungsorientiert. Dieses Umfeld ist optimal für mich und meine Ziele. Ich fühle mich sehr wohl in diesem Verein.
Für mich als Fünfkämpferin ist es wichtig, dass meine Trainerin weiss, dass ich noch andere Trainingseinheiten zu absolvieren habe und darauf Rücksicht nimmt. Antoinette hatte von Anfang an volles Verständnis und passte die Trainingsintensität an meinen anderen Trainings an. Ich schwimme im Fünfkampf 200m Freistil. Antoinette passt für mich die Trainings spezifisch an meine Hauptdistanz an. Dies schätze ich sehr und ist nicht selbstverständlich!

Du hast im Juni an den European Games in Krakau teilgenommen. Wie ist es dir gelaufen und wie stehen deine Chancen dich für die Olympischen Spiele 2024 in Paris zu qualifizieren?
Im Grossen und Ganzen bin ich zufrieden mit den European Games. Ich habe den 24. Schlussrang erreicht und verpasste einen Quotenplatz für Olympia 2024 nur um 9 Punkte, was sehr enttäuschend ist. Jedoch weiss ich, dass mein Trainingsumfeld stimmt und ich auf einem guten Weg bin. Mit meiner Rangierung an den European Games habe ich nun bereits wichtige Punkte für die Olympia Weltrangliste gesammelt. In den kommenden Monaten werden mehrere Wettkämpfe stattfinden und die Chance für die Qualifikation über die Weltrangliste ist noch intakt.

Was wäre in Romanshorn wünschenswert um auch in Zukunft auf diesem Niveau trainieren zu können?
Das Trainingsumfeld in Romanshorn ist für mich perfekt. Jedoch ist die Infrastruktur noch ausbaufähig. Im Sommer können wir im Freibad trainieren und im Winter haben wir das Glück in der Traglufthalle trainieren zu können. Die Trainingsmöglichkeiten in der Übergangszeit sind schwierig. Wir müssen oft im Mai und September in kaltem Wasser trainieren und müssen jeweils in andere Hallenbäder nach Balgach oder Frauenfeld ausweichen, was viel Zeit in Anspruch nimmt. Für mich ist das meistens zeitlich unmöglich.
Ein Hallenbad in Romanshorn wäre ideal für uns Leistungsathleten und für unseren sehr motivierten Nachwuchs. Romanshorn ist auch von den Sportschulen in Kreuzlingen mit dem ÖV gut erreichbar.

Nun machen sich die drei Schwimmerinnen bereit. Sie befolgen die Anweisungen der Trainerin für das Einschwimmen.

Antoinette, Dir macht es sichtlich Spass mit diesen motivierten Athletinnen zu arbeiten. Was bedeutet es Dir ein solch erfolgreiches Trio auf ihrem sportlichen Weg begleiten zu dürfen?
Ja es macht mir wirklich sehr Freude, Fabiana hat viele Jahre bei mir trainiert und wir haben gemeinsam sehr viel erlebt, deshalb freue ich mich über jedes Training welches sie hier in Romanshorn absolviert und ich sie unterstützen kann. Mit Lea kam eine Sportlerin zu uns welche mich von Anfang an mit Ihrer Art und ihrer fokussierten Einstellung fasziniert hat und Elisa mit der ich zwei bis vier Stunden täglich verbringe strahlt so eine Freude für Ihren Sport aus dass es einfach nur ansteckend ist. Es ist eine wunderschöne Erfahrung diese unterschiedlichen und doch so ähnlichen Sportlerinnen auf dem Weg zu Ihren Zielen zu unterstützen.

Der Schwimmclub Romanshorn hat sich in den vergangen Jahren schweizweit viel Beachtung erarbeitet. Regelmässig klassieren sich Schwimmerinnen des SCR an nationalen Meisterschaften in den Medaillenrängen und ihr habt im Seebad Schweizermeisterschaften organisiert. Was ist euer Erfolgsgeheimnis?
Vielleicht liegt es daran dass wir seit jeher ein wenig mehr kämpfen mussten, sei es für Wasserflächen für die Wintertrainings oder auch für die Gleichberechtigung unserer Schwimmerinnen und Schweimmer da wir kein anerkannter Nachwuchsförderungstützpunkt sind. Vielleicht sind wir deshalb etwas leidenschaftlicher wenn es darum geht unsere Ziele umzusetzen. Als ehrenamtlich tätiger Verein, versuchen wir unseren Mitgliedern auch Werte neben dem Schwimmen mitzugeben und wir haben als Verein eine gute Grösse bei dem sich die Kinder und Jugendlichen auch individuell entfalten können.

Bei deinen Schwimmerinnen steht ein Hallenbad, für einen optimaleren Trainingsbetrieb, zuoberst auf dem Wunschzettel. Gegen ein regionales Hallenbad im Oberthurgau hättest du wohl auch nichts einzuwenden. Was sollte dieses leisten können?
Schwimmen ist eine der beliebtesten Volkssportarten. Optimal wäre ein Bad dass sich den im Laufe eines Tages ändernden Bedürfnissen der Nutzer wie Schulen, Aquafit, Schwimmkursen, Freizeitsportler und Vereinen, in einem gewissen Mass anpassen kann. Sensationell wäre ein 50m Bad das sich unterteilen lässt wie in Sursee oder Uster damit verschiedene Nutzergruppe das Bad gleichzeitig, mit unterschiedlichen Wassertiefen, nutzen können und genügend Platz haben. Zudem gäbe uns ein Hallenbad, in der Nähe unserer Trainingsstätte im Sommer eine grosse Flexibilität und wir wären dann nicht mehr so sehr von Wettereinflüssen abhängig und ein geordneter Trainingsbetrieb wäre jederzeit gewährleistet. Weiter denke ich, dass ein solches Bad auch für andere Vereine interessant für Trainingslager usw. wäre. Als Verein sind wir gerne bereit unsere Erfahrungen einzubringen und ein entsprechendes Projekt zu unterstützen.

Das Einschwimmen ist beendet und die jungen Frauen benötigen nun die Aufmerksamkeit der Trainerin. Sie muss Anweisungen geben, Zeiten stoppen und immer wieder mit Lob motivierend unterstützen. Die Gruppe kennt Ihre Ziele ganz genau und ist bereit diese mit eine grossem Engagement auch zu erreichen.

Thomas Gerber, Schwimmclub Romanshorn
 


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