Kultureller Machtmissbrauch

  08.09.2022 Kolumnen, Romanshorn, Salmsach

Es wird momentan viel geschrieben über die aktive, manchmal sogar militante Bewegung, welche vordergründig vorgibt, das Böse in unserer Kultur korrigieren und beseitigen zu wollen und so eine gesellschaftliche Katharsis bewirken soll. Vermeintliche Gutmenschen, welche Toleranz predigen und Ausschluss und Rassismus leben. Nach «cancel culture» und «woke» folgt nun der vermeintliche Tatbestand der «kulturellen Aneignung». Soll bedeuten, dass jede Kultur ein exklusives Urheberrecht hat, und jegliche Aneignung sofort mit Ächtung geahndet wird. Anstoss nehmen nicht einmal Betroffene, sondern rein ideologische Guerillakämpfer. Genau weiss man es leider nicht, da diese Leute im Gegensatz zu richtigen Guerillakämpfern zu feige sind, sich zu erkennen zu geben und sich meist anonym melden. Das Vergehen dabei soll nicht etwa die Verletzung eines Völkerrechts oder eines Gesetzes sein, denn das existiert nicht, sondern ein «ungutes Gefühl». Also, was kann man daraus lernen?

Wenn man eine Gesellschaft verunsichern und destabilisieren will, so muss man nur irgendeine humanistische Opfersituation schaffen und schon hat man die entsprechende Aufmerksamkeit und kann wirken. Offensichtlich bereitet es den Initianten nicht nur ein Gefühl der Freude, sondern auch der Macht, wenn sie Anlässe wie das Reggae-Konzert von «Lauwarm» oder dem österreichischen Musiker Mario Parizek verhindern können – vermeintlich wegen Dreadlocks.

Wo waren die «unguten Gefühle» die letzten 41 Jahre, seit Bob Marleys Tod? Dabei können Kulturen seit jeher andere Kulturen inspirieren und Entwicklungen in Bewegung setzen. Es ist aber ein klares Indiz für eine neue Form von Radikalismus, welche diesmal anstelle eines Autokraten, von einer anonymen Bewegung innerhalb demokratischer Strukturen ausgeht. Es braucht für diesen Kulturterror keinen Stalin, Mussolini oder Hitler mehr, eine anonyme Bewegung mit medialer Unterstützung reicht. Man denke nur zurück an das damalige Aktionsprogramm unseres benachbarten Despoten mit steifem, ausgestrecktem Arm. Er wollte eine rein arische Rasse, alles andere wurde verfolgt, ausgegrenzt und eliminiert.

Problem ist nicht eine vermeintliche kulturelle Aneignung der Angeklagten, sondern der kulturelle Machmissbrauch der Ankläger.

Daniel Frischknecht


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