«Sag niemals nie!»

  26.05.2022 Brennpunkt, Romanshorn

Henriette Engbersen ist eine der Romanshornerinnen, die weit über die Kantonsgrenze hinaus einen hohen Bekanntheitsgrad erlangt haben. Besonders als Auslandkorrespondentin (Grossbritannien) beim Schweizer Radio und Fernsehen, wo sie seit 2017 regelmässig über News und Fakten aus London berichtete und oft live bei «10vor10» zugeschaltet wurde.

Henriette Engbersens frische und unbekümmerte Art, die Nachrichten und Analysen profund zu präsentieren, haben ihr eine grosse Fangemeinde eingebracht, nicht nur in Romanshorn.
Die 42-Jährige begann ihre journalistische Karriere als Praktikantin beim «St. Galler Tagblatt». Es folgten 19 spannende Jahre im Journalismus, 14 davon bei SRF. Seit gut drei Wochen arbeitet sie in Zürich, in der Privatwirtschaft.
Nach ihren Vorträgen letzte Woche an der offenen Kanti in Romanshorn konnte sich der «Seeblick» mit Henriette Engbersen unterhalten.

Henriette, seit April arbeitest Du wieder in der Schweiz, in der Privatwirtschaft als Headhunterin. War der Schritt, von in der Öffentlichkeit zu stehen, hin zum Arbeiten hinter den Kulissen für Dich einschneidend? Vermisst Du etwas?
Henriette Engbersen: Es ist gut so und es ist mir leichtgefallen, auch, weil ich jetzt nicht mehr so darauf achten muss, dass mir in der Öffentlichkeit kein Lapsus passiert. Ich vermisse nichts! Ich arbeitete ja nicht beim Fernsehen, um in der Öffentlichkeit zu stehen, sondern weil der Job so spannend ist. Nicht gleich erkannt zu werden, ist ganz in meinem Sinn. HastDuDichguteingelebtimneuenJob? Ich bin jetzt die dritte Woche da und es ist total spannend. Eine kleinere Firma, ein Job mit anderem strategischem Denken, da macht es mir Freude, mal andere Hirnzellen zu aktivieren. Diversität ist ein grosses Thema, da können wir grad jetzt Ideen konzipieren: Frauen in Führungspositionen, Förderung von jungen Leuten, Auftritts-Kompetenz. Für vieles gibt’s heute Apps, aber unser Auftreten, zum Beispiel vor viel Publikum oder in der Öffentlichkeit, wird nicht von Apps gemacht. Da setzen wir an.

Werden durch Deinen Bekanntheitsgrad die Anforderungen, Erwartungen im Job an Dich höher?
Als Quereinsteigerin hatte ich nicht den Eindruck. Ich will mich fokussieren, dass die Vielseitigkeit in Führungsetagen zunimmt und sehe dort meinen Hebel, dass ich mich mitunter auf die Förderung von Frauen ausrichte.

Wie fühlt man sich, wenn man durchs Fernsehen bekannt ist, sozusagen ein «News-Star»,und überall erkannt wird?
Als «News-Star» fühle ich mich ganz und gar nicht − und ich werde auch nicht überall erkannt. Am meisten noch in Romanshorn und Teilen der Ostschweiz. Ich schätze die Anonymität, finde es aber auch herzig, wenn mich jemand auf der Strasse anspricht.

Wird das Privatleben gestört, wenn man durch Bekanntheit auf dem Radar vieler Medien ist?
Nein, in der Ostschweiz ist das kein Problem.

In London warst Du oft mit dem Velo unterwegs, hast sogar einmal Boris Johnson überholt. Ist es in London einfacher, mit dem Velo unterwegs zu sein? Fahren die Londoner prinzipiell mehr Velo als die Zürcher? Und wie ist das nun in Zürich? Bist Du da auch wieder mit dem Velo unterwegs?
Ja, ich fahre auch in Zürich mit meinem E-Bike zur Arbeit. Die Anzahl Velofahrer hat in London während der Pandemie stark zugenommen, viele Velowege wurden ausgebaut. Auch in Zürich gibt’s viele Velofahrer, aber in London ist der Veloverkehr viel dichter, die Stadt hat aber auch über 9 Millionen Einwohner. In Zürich ertappe ich mich manchmal, dass ich auf kleinen Strässchen kurz studieren muss, auf welcher Seite ich nun zu fahren habe.

War es für Dich schon immer ein Kindheitstraum, Journalistin zu sein, oder wie hat sich dieser Beruf ergeben? Was war Dein erster Berufswunsch?
Ich wollte einst Schaufensterdekorateurin werden (lacht). Lange habe ich nicht gewusst, was ich will. Als ich 25 war, hatte ich im Studium ein Modul «Fernsehjournalismus», das gefiel mir sehr. Der Rest ist Geschichte.

Wenn Du bei Deiner Familie in Romanshorn zu Besuch bist, hast Du das Gefühl, die Stadt hat sich umgebungsmässig sehr gewandelt seit Deinem Wegzug 2002?
Ja, sie verändert sich immer wieder. Gerade heute in der Kanti habe ich die vielen neuen Gebäude gesehen, die hier entstanden sind. Ich komme immer wieder gerne nach Romanshorn, um zu sehen, was sich fortlaufend verändert.

Hast Du einen Lieblingsplatz in Romanshorn?
Spontan, Ja, auf der Terrasse bei meinen Eltern. Und wenn dann noch meine Nichten und mein Neffe dazukommen, ist das eine sehr schöne Runde.

Gibt es etwas, dass Du in der Hafenstadt Romanshorn vermisst?
Wenn man vom Lädelisterben hört, finde ich das schade. In London habe ich es spannend gefunden, dass es auch dort Lädelisterben gibt, wegen Corona und auch Homeoffice. Aber der Spirit ist da, Neues zu wagen. So ein Spirit tut jeder Stadt und jedem Ort gut.

Kannst Du Dir vorstellen, in ferner Zukunft Deinen Wohnsitz auch wieder in Romanshorn am See zu haben?
Ja, sag niemals nie!

Henriette, vielen Dank für Deine Zeit und das nette Gespräch.

Marianne Lüchinger


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