Der Thurgau wappnet sich für die nächste Trockenheit

  02.11.2022 Brennpunkt, Romanshorn, Salmsach

Die Trockenheit hat auch in diesem Sommer die Menschen und die kantonale Verwaltung beschäftigt. Es musste erneut ein Fachstab eingesetzt werden, es galten ein Wasserentnahme- und ein Feuerverbot und es gab mehr als 20 Notabfischungen. Die Fachpersonen in der kantonalen Verwaltung sind mit Blick auf die Zukunft daran, mit allen Beteiligten Lösungsansätze und Massnahmen zu entwickeln. Dazu zählen die Sensibilisierung der Bevölkerung oder die Umstellung von Kulturen.

Auch in diesem Sommer galten im Kanton Thurgau ein Wasserentnahmeverbot und ein Feuerverbot. Verfügt hatte diese Verbote das Departement für Bau und Umwelt auf Antrag des Fachstabs Trockenheit, der aus Vertretungen des Amts für Umwelt, des Amts für Bevölkerungsschutz und Armee, der Jagd- und Fischereiverwaltung, des Landwirtschaftsamts, der Kantonspolizei, des Forstamts, der Gebäudeversicherung, des Amts für Gesundheit und des Informationsdiensts besteht. «Das Thema Trockenheit hat mich seit meinem Amtsantritt im Juni immer wieder beschäftigt. Es galt, Massnahmen zu beschliessen. Es gilt aber auch, sich den neuen Umständen zu stellen und mit allen Betroffenen Lösungen zu erarbeiten», sagte Regierungsrat Dominik Diezi an einer Medienkonferenz in Weinfelden.

«Die Basis für sämtliche Massnahmen bilden die Messungen der Fachstelle Hydrometrie des Amts für Umwelt», sagte Amtsleiter Martin Eugster. An elf Stellen im Kanton werden die Abflüsse der Bäche und Flüsse sowie die Grundwasserstände beobachtet – sämtliche Daten sind auf hydrodaten.tg.ch ersichtlich. Werden Grenzwerte unterschritten, erfolgen bei entsprechenden Wetterprognosen die Anträge ans Departement. Von einem Wasserentnahmeverbot betroffen ist nebst der Industrie vor allem die Landwirtschaft. Während die Tierhaltung auf die Trinkwasserversorgung abstützt, hängt der Pflanzenbau vom Wetter ab. 

Die Akzeptanz der Massnahmen ist hoch
Die Trockenheit hat auch dem Wald zu schaffen gemacht. «Der Wald hat gelitten», fasste Kantonsforstingenieur Daniel Böhi den Sommer zusammen. Die Witterungsbedingungen führten zu reduzierter Vitalität und erhöhter Mortalität, vor allem bei älteren Bäumen. Der Borkenkäferbefall erfolgte mehrheitlich im Spätsommer; teils aber stark. Glücklicherweise gab es keinen Waldbrand, obwohl in der zweiten Julihälfte sowie Anfang August die Verhältnisse für einen Waldbrand in vielen Waldgebieten günstig waren. «Erfreulich ist auch, dass sich die Bevölkerung an die Vorschriften gehalten hat. Daraus lässt sich schliessen, dass die Akzeptanz und das Verständnis für solche Einschränkungen in der Bevölkerung hoch sind», sagte Daniel Böhi.

Die Temperaturen und die daraus folgende Trockenheit haben nicht nur Auswirkungen auf Menschen, sondern auch auf Tiere, zum Beispiel die Fische. Im Sommer 2022 gab es im Kanton Thurgau gut 20 Notabfischungen. «Die Trockenheit führt bei Fischen zu eingeschränkter Mobilität, eingeschränktem Fressverhalten, Stress und im schlimmsten Fall zum Ersticken», sagte Roman Kistler, Leiter der Jagd- und Fischereiverwaltung. Betroffen sind grundsätzlich sämtlich Fischarten in Fliessgewässern, aber hauptsächlich kälteliebende Arten wie Äschen, Bachforellen oder Groppen.

Es werden Lösungsansätze und Massnahmen entwickelt
Sämtliche Fachpersonen in der kantonalen Verwaltung gehen davon aus, dass die Trockenheit ein Thema bleiben wird. Daher werden in jedem Bereich mögliche Lösungsansätze entwickelt. «Wir müssen die neuen Herausforderungen annehmen und sie zusammen meistern. Übergeordnet gibt es im Kanton Thurgau zum Beispiel die Klimastrategie oder die Biodiversitätsstrategie», sagte Dominik Diezi. Aber auch jedes Amt ortet mit den Beteiligten den Handlungsbedarf und sucht nach Wegen, um mit der Trockenheit umzugehen.

Im Bereich Wasser gibt es im Kanton Thurgau eine Trink- und Brauchwasserplanung. Vor allem zweitere hat schweizweiten Pioniercharakter und soll den zukünftigen Bedarf der Landwirtschaft, des Gewerbes, der Industrie sowie der Bevölkerung in Normaljahren, aber auch in klimatischen Extremjahren sicherstellen und die Bewirtschaftung der Wasserressourcen ermöglichen. Zudem werden die Grundwasserschutzzonen und die nachhaltige Bewirtschaftung der Wasserressourcen überprüft.

Auch die Landwirtschaft steht vor Veränderungen: «Die Landwirtschaft ist gefordert, sich auf die Verhältnisse einzustellen. Im Vordergrund stehen der Anbau von trockenheitstoleranten Kulturen, verbesserte Anbautechnik und eine wassersparende Bewässerungstechnik», sagte Walter Schild, Abteilungsleiter Boden- und Pachtrecht im Landwirtschaftsamt. So stellt das Amt bereits fest, dass vermehrt Anfragen zu Bewässerungsprojekten gestellt werden.

Daniel Böhi ortet vor allem in den Themen Waldbrandprävention und Waldbrandbekämpfung Handlungsbedarf: «Hier sollten die Kompetenzen der verantwortlichen Kreise erhöht werden, um für den Ernstfall gewappnet zu sein. Ein weiteres Handlungsfeld stellt die Etablierung klimafitter Wälder dar. Bereits seit vielen Jahren setzt das Forstamt auf eine standortgerechte Baumartenzusammensetzung. Dies führt längerfristig zu einem robusteren Wald. Der Aspekt der Klimaveränderung bestärkt uns in dieser Strategie.»

Auch für Roman Kistler steht die Sensibilisierung der Bevölkerung auf der Massnahmenliste. «Zusammen mit dem Kanton Schaffhausen haben wir zum Beispiel eine Kampagne entwickelt, um die Bevölkerung auf Erholungszonen für Fische aufmerksam zu machen. Ausserdem sollten wir aus Sicht der Fische vermehrt auf die Wasserentnahme aus dem Grundwasser oder der Seen setzen.»

Departement für Bau und Umwelt Kanton Thurgau 


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote