Zum Muttertag – Ein Kuchen mit Herz

  11.05.2023 Kultur&Natur, Romanshorn, Salmsach, Uttwil

Ein Kuchen mit Herz

Die Grosse und der Kleine wollen Mama überraschen. Die Grosse trägt gerade eine Packung Mehl aus dem Keller hoch. Der Kleine angelt in einer übervollen Schublade nach einer Kelle. Als seine Fingerspitzen das richtige Werkzeug streifen, legen sich seine Finger darum und transportieren es zur Arbeitsfläche. Mit gerecktem Hals reicht seine Nase nur bis knapp über den Rand der Anrichte. Die Grosse schiebt ihm mit dem Fuss einen Hocker zu, während sie das Mehl abstellt. Dann greift sie ihm unter die Arme und hebt ihn schwungvoll hoch. «Los geht’s», verkündet sie händereibend.

Unter beständigem Rühren lassen sie die Butter in der Pfanne vergehen. Als Nächstes kommt die Schokolade dazu. Der Kleine gibt sie der warmen Butter bei und zu zweit, mit allen vier Händen an der Kelle, rühren sie geduldig, bis sie vergangen ist. Schon jetzt verteilt sich der Duft der geschmolzenen Schokolade in der ganzen Küche. «Nun den Zucker und die Eier schaumig schlagen», liest die Grosse vor. Die Hände des Kleinen, der sich mit dem Oberkörper über die ganze Anrichte lehnt, tasten schon nach den Eiern. Er nimmt zwei mit einer Hand aus der Schachtel und lässt sie über die Arbeitsfläche zurück zur Schüssel schweben, als «pflatsch» ein Ei im freien Fall auf der Anrichte landet. Seine erschrockenen Augen suchen den Blick der Grossen. Sie schmunzelt. «Wir brauchen bloss die Schalenstücke herauszufischen und das Ei irgendwie in die Schüssel zu bringen.»

Zur schaumigen Zucker-Ei-Mischung geben sie die Schokoladenmasse, die sich unvermeidlich an den Händen bis hoch zu den Ellbogen verteilt. Den Kleinen stört das gar nicht, schliesslich muss diese kostbare Überraschung ja auch probiert werden. Nun hat sich die Schokolade sogar schon bis zu den roten Wangen hochgeschlichen.

Zum Schluss schüttet die Grosse das Mehl und das Backpulver kontrolliert zur zähflüssigen Schokomasse hinzu und hebt es in langsamen Bewegungen unter. «Darf ich?», fragt der Kleine. Skeptisch überlässt sie ihrem Bruder die Schüssel mit der Kelle. Doch entgegen ihren Befürchtungen bleibt das Mehl bei seinen sanften Schwüngen in der Schüssel.

Das Wasser läuft ihnen im Mund zusammen, als sie den Teig in eine Herzform füllen. Nachdem sie die Form in den heissen Ofen geschoben haben, verharren beide noch ein paar Minuten mit Blick auf den Kuchen im Ofen. Die Grosse kniend, mit dem Arm um seine Taille. Der Kleine stehend, mit dem Kopf an ihrer Schulter. «Da ist viel Herzenswärme drin», bekundet der Kleine. «Für Mama», flüstert die Grosse stolz.

Nadine Tobler


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