Auf ein Wort

  28.09.2023 Romanshorn: offizielle Mitteilungen

Lassen Sie uns über Vertrauen reden. Ich habe dazu kürzlich auch an einer Informationsveranstaltung für die Mitarbeitenden der Stadtverwaltung einige Worte ausgeführt. Bei der Vorbereitung merkte ich schnell, dass das Thema vordergründig zwar "einfach" daherkommt, es in der Darlegung der Komplexität geschuldet jedoch nicht ganz ohne ist.

An gute Absichten glauben
Die Psychologie geht davon aus, dass Vertrauen eine erlernte Einstellung ist. Wer sich vertrauensvoll verhält, verlässt sich auf andere und glaubt an die guten Absichten des Gegenübers. Entwicklungspsychologisch gilt vor allem die frühkindliche Mutter-Kind-Beziehung als Grundlage für das sogenannte Urvertrauen. Personen mit mangelndem Urvertrauen neigten häufiger zu neurotischen Entwicklungen.

Vorschussvertrauen auch ein Risiko
Funktionalistisch dient Vertrauen der Reduktion von Komplexität - eine risikoreiche Vorleistung, da es Verzicht auf Kontrolle bedeutet und so auch zu Enttäuschungen führen kann. Es überträgt Vertrauensnehmenden auch eine überaus grosse Verantwortung, das in sie gesetzte Vertrauen nicht zu enttäuschen. Wir alle wurden bestimmt schon enttäuscht und wissen deshalb aus eigener Erfahrung, das missbrauchtes Vertrauen kaum mehr wiederherzustellen ist.

Vertrauen gewinnen - oder Vertrauen rechtfertigen?
Abhängig von unserem Urvertrauen geben wir unseren Mitmenschen einen Vertrauensvorschuss, den diese zu rechtfertigen haben - oder aber sie müssen ihr Vertrauen erst verdienen.

In der Politik scheint es mit Vertrauen nicht weit her zu sein. Gerade aktuell wählen wir zwar unsere Volksvertretenden für Bern und sprechen Kandidatinnen und Kandidaten mit unserer Stimme das Vertrauen aus. Aber… kann man der Politik trauen? Ich gebe zu, dass die politische Guilde das einem nicht immer leicht macht. Und doch wäre es eigentlich einfach. Kochbuch für Vertrauen gibt es fünf wichtige Zutaten: Es braucht eine offene und regelmässige Kommunikation und Informationen, dazu Ehrlichkeit, die Fähigkeit, zu eigenen Fehlern zu stehen, Authentizität sowie die notwendige Zeit, um Vertrauen tragfähig aufzubauen.

Genau mit diesen Zutaten versuchen der Stadtrat und ich beim Austausch mit den Einwohnerinnen und Einwohnern zu kochen: Transparente, zeitnahe Informationen, ehrliche Aussagen, das Einräumen von Fehlern. Und ein weiterer Aspekt: Wir geben uns so, wie wir halt sind.
Wie gut das dem Stadtrat gelingt, bleibt am Ende Ihrer Beurteilung überlassen. Die Tatsache, dass wir in Romanshorn mehr und mehr ein starkes Miteinander in der Entwicklung erfahren, stimmt mich zuversichtlich.

"Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser"
Auch wenn ich diese Aussage, die Lenin zugesprochen wird, nicht uneingeschränkt teile, kann ich doch nicht bestreiten, dass ein Funken Wahrheit darin liegt. Und hier kommt Ihnen, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, eine wichtige Aufgabe zu. Sie besteht darin, den Stadtrat zu begleiten, die geleistete Arbeit zu beurteilen und Rückmeldung zu geben.

Rückmeldungen erwünscht
Weder Stadtverwaltung noch Stadtrat sind makellos. Fehler zu machen, um daraus zu lernen, ist essenziell. Die Stadtverwaltung versteht sich als lernende Organisation. Helfen Sie uns mit Ihren Rückmeldungen besser zu werden. Nur im gegenseitigen Dialog können wir darauf vertrauen, dass Sie uns vertrauen.

Ihr,

Roger Martin


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