Auf ein Wort
26.06.2025 Romanshorn: offizielle Mitteilungen"Um deinen Job beneide ich dich nicht" – das ist eine Aussage, die ich in Gesprächen mit Einwohnenden immer wieder mal höre. Besonders nach den kürzlich nicht ganz so netten Leserbriefen fällt sie vermehrt. Ja, Rückmeldungen können mitunter heftig ausfallen. Doch bei genauerem Hinsehen lässt sich meist rasch erkennen, wie es um deren Qualität steht. Unabhängig davon lohnt es sich, den Kern einer Kritik und die dahinterliegende Motivation sorgfältig zu prüfen. Eine Botschaft verdient es, ernst genommen und reflektiert zu werden.
Wiederholte Heckenschüsse können mit der Zeit jedoch auch abstumpfen. Aber klar: Wer ein Exekutivamt übernimmt, steht im Licht der Öffentlichkeit und muss Kritik in unterschiedlichster Form aushalten – was mal besser, mal schlechter gelingt.
Partizipation erfordert Engagement
Abgesehen davon gehört ein Exekutivamt zu den schönsten Aufgaben, die man übernehmen kann. Gerade auf lokaler Ebene bietet sich die Chance, Entwicklungen konkret und mit Einbezug der Bevölkerung zu gestalten. Die Stadt Romanshorn setzt deshalb seit geraumer Zeit auf ein partizipatives Vorgehen, das in der Regel zu mehr Akzeptanz bei Projekten und Vorhaben führt.
Dabei wird die Bevölkerung meist in ihrer Gesamtheit informiert und angesprochen, etwa bei Mitwirkungen. Das erfordert von den Adressatinnen und Adressaten auch ein gewisses Mass an Eigeninitiative. Doch ist auf diese Weise sichergestellt, dass sich jede und jeder einbringen kann und niemand vergessen geht. Hier verhält es sich also genau so wie bei Abstimmungen und Wahlen: Nur wer sich am demokratischen Prozess beteiligt, kann sich auch einbringen.
Wie geht "Romanshorn first"?
Ein weiterer, wichtiger Teil des Amts ist der direkte Kontakt zur Bevölkerung, um zu spüren, was bewegt und welche Bedürfnisse vorherrschen. Das ist aufgrund meiner recht vollen Agenda häufig anspruchsvoll und kann auch mal zu Spannungen im privaten Bereich führen. So wurde mir auch schon die Frage gestellt, ob "Romanshorn first" über der Familie steht. Das ist natürlich nicht der Fall – aber es gibt in Romanshorn einfach mehr Baustellen als in der Familie.
Auch die Mitglieder des Stadtrats übernehmen in ihrem Nebenamt ständig Verantwortung für das Gemeinwohl. Sie bringen sich mit viel Engagement ein, vertreten die Stadt in der Öffentlichkeit und tragen mit ihrer Arbeit zum Funktionieren unserer lokalen Demokratie bei. Dieses verlässliche Mitwirken verdient Wertschätzung. Für uns alle gilt: Wer ein öffentliches Mandat übernimmt, steht im Dienst der Allgemeinheit – man dient der Bevölkerung, nicht umgekehrt.
Klar im Dialog, anständig im Ton
Doch dieses Verständnis ist nicht überall und nicht für alle selbstverständlich. Die sogenannten "No King-Proteste" in den USA zeigen eindrücklich, wie sehr sich Menschen an selbstherrlicher Macht stören und stattdessen eine dienende Haltung erwarten. In diesem Licht ist "Romanshorn first" eben kein Machtanspruch, sondern ein Bekenntnis zur politischen Verantwortung.
Ich bin fest davon überzeugt, dass mit offenen Ohren, einer guten vorausschauenden Planung, mit Offenheit und Ehrlichkeit gemeinsam mit der Bevölkerung viel Positives bewirkt werden kann. Lassen Sie uns deshalb straight, aber anständig im Dialog bleiben. Versuchen wir, die jeweiligen Bedürfnisse zu verstehen und zu berücksichtigen – und wenn nötig auch einmal unsere individuellen Interessen zugunsten des allgemeinen Wohls zurückzustellen.
Denn stark sind wir nur als Gemeinschaft, nicht als Individuen.
Ihr
Roger Martin