Wie lange gibt es noch Erdgas?

  01.09.2022 Romanshorn: offizielle Mitteilungen

Die Gasversorgung Romanshorn AG zur aktuellen Versorgung privater Haushalte, steigenden Preisen und wieso es Sinn macht, die Temperatur in Innenräumen um zwei Grad zu senken.

Der Ukrainekrieg stellt die Versorgung von Europa mit Erdgas auf die Probe, der Anteil an russischem Erdgas am Gesamtverbrauch ist mit aktuell über 40 Prozent noch sehr hoch. Entsprechend bereitet sich die EU wie die Schweiz auf einen Energie-Engpass im Winter vor − sowohl staatliche Stellen wie Versor- gungsunternehmen. Die Gasversorgung Romanshorn AG (GVR) hat sich vertraglich bereits für den ganzen Winter eingedeckt. Dies zu sehr hohen, aber noch verkraftbaren Preisen. Es führte jedoch zur Ankündigung einer weiteren Preiserhöhung, weil das Unternehmen die gestiegenen Kosten trotz massiv gesunkener Marge und eingeleiteter Sparmassnahmen nicht anders abfedern kann.
Was aber passiert, wenn nicht mehr ausreichend Gas fliessen sollte? Welche Massnahmen wird der Staat ergreifen, um die Versorgung zu gewährleisten? Klar scheint, dass es für Privathaushalte kaum zu Abschaltungen kommen wird, während bei Unternehmen je nach Energieintensität auch einschränkende, wirtschaftlich schmerzhafte Massnahmen nicht ausgeschlossen sind. Doch auch Privathaushalte, die den Absatz stark beeinflussen, können beim Heizen ein Zeichen setzen: Wer die Innentemperatur um zwei Grad senkt und dafür auch mal einen Pullover überzieht, spart im Schnitt zwölf Prozent Energie. Dies hilft enorm – und reduziert erst noch die aktuell hohen Energiekosten.
Kurzfristig gibt es kaum Ausweichmöglichkeiten, sind doch Lieferanten alternativer Heizungssysteme ausgebucht und die Liefer- und Montagefristen liegen meist bei sechs Monaten und mehr. Erschwerend kommt hinzu, dass sich Mangellagen und Preiserhöhungen bei einem Energieträger auf die anderen auswirken: Öl, Gas, Strom, sogar Holz, sie alle entwickeln sich in eine ähnliche Richtung. Beim Erdgas dürfte sich die Situation nach dem Winter entspannen – unabhängig davon, wie sich die Lage in der Ukraine entwickelt. Die europäischen Versorgungsunternehmen passen gerade ihre Beschaffung an und werden auch dank neu eröffneter Flüssigerdgas-Terminals an den Küsten des Kontinents die Netze mit Gas aus nichtrussischen Quellen mittels Tankschiffen versorgen.

Fossile Brennstoffe sind Auslaufmodell
Ausgehend vom internationalen Pariser Klimaschutzabkommen von 2015 stehen heute alle Gemeinwesen vor der Aufgabe, den CO2-Ausstoss zu reduzieren. Romanshorn ist nicht nur seit vielen Jahren Energiestadt − mit der kürzlichen Ratifizierung der Klima- und Energie-Charta hat der Stadtrat auch seinen Willen für ein starkes Engagement im Klimaschutz aktiv unterstrichen.
Die Gasversorgung Romanshorn AG ist zwar ein privatrechtliches Unternehmen, steht aber im Eigentum der Einwohnerinnen und Einwohner; die Stadt hält 100 Prozent der Aktien. Stadtpräsident Roger Martin und Stadträtin Ursula Bernhardt vertreten im Verwaltungsrat deren Interessen. Die GVR trägt die politischen Vorgaben zum Klimaschutz aktiv mit. So gibt die aktuelle Eigentümerstrategie der Gasversorgung denn auch folgenden Auftrag: «Das Geschäftsmodell ist durch Steigerung der CO2-Effizienz und durch den Aufbau klimaschonender Geschäftsfelder zu dekarbonisieren.»
Entsprechend produziert das Unternehmen bereits länger vor Ort in der Abwasserreinigung klimaneutrales Biogas oder realisiert innovative Lösungen unter Einbezug von Sonnenenergie und Wärmekraftkopplung, was Anlagen mit spürbar reduziertem CO2-Ausstoss ermöglicht. Längerfristig braucht es jedoch eine umfassende Transformation. Teils kann dies durch erneuerbares Methan oder Wasserstoff erfolgen, grösstenteils sind jedoch andere Technologien und neue Infrastrukturen notwendig. Zu klären ist dabei, ob und in welchem Umfang das heutige Netz umgenutzt werden kann.
Romanshorn hat im Juni 2022 eine Entscheidungsgrundlage erarbeitet, wie in den dicht besiedelten Quartieren das städtische Gasnetz mit einem Seewasser-Wärmeverbund sinnvoll ersetzt werden kann. Zur Klärung der technischen und wirtschaftlichen Machbarkeit sowie den Fragen des Energieverbunds und der Standorte von Energiezentralen löste der Stadtrat gleichzeitig einen Auftrag für eine Machbarkeitsstudie aus, die Anfang 2023 vorliegen soll. Die Gasversorgung soll mit ihrem Know-how und mit ihren Ressourcen einen wesentlichen Beitrag zu diesem Projekt leisten und insbesondere auch den nahtlosen Übergang für alle betroffenen Energieabnehmer gewährleisten.
Klar ist jedoch auch, dass der vollständige Ersatz der Gasversorgung nicht innert weniger Jahre möglich sein wird. Doch schon heute ist es die oberste Priorität, den Anteil fossiler Energie bei Neukunden zu reduzieren. Für die ganze Kundschaft gilt jedoch: Niemand wird im Stich gelassen. Die GVR sieht sich in der Pflicht, für alle einen bestmöglichen Übergang ins fossilarme und dann -freie Zeitalter zu sichern, ohne dass jemand zu unwirtschaftlichen Lösungen gezwungen wird.

Gasversorgung Romanshorn AG


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